Mittwoch, 15. Februar 2012
[Bücher] Truman Capote - Wenn die Hunde bellen


Es gibt Bücher, die kauft man zu früh im Leben, obwohl sie zu der Zeit schon Klassiker sind. Dieses hier habe ich in den achtziger Jahren von einem Grabbeltisch mitgenommen, weil ich dachte, es sei an der Zeit, etwas von Capote zu lesen - nach einigen Seiten verschwand es im Bücherregal, weil ich es langweilig fand. Vor ein paar Tagen kramte ich in einer alten Bücherkiste, die seit einem meiner häufigen Umzüge (immerhin sechs in den letzten zwanzig Jahren) verschlossen geblieben war und bekam es in die Hand.
Diesmal konnte ich kaum noch aufhören zu lesen. Dieses Buch beinhaltet Essays aus den Jahren 1947 - 1972 über berühmte Zeitgenossen, die Capote kannte, wie Marlon Brando, Marylin Monroe, Humphrey Bogart oder Louis Armstrong sowie schillernde Reiseberichte und autobiographische Beiträge des Autors.
Capote schreibt wie ein schandhafter Gott, oder, wie es Norman Mailer vielleicht besser auszudrücken weiß als ich: "Er ist der perfekteste Autor meiner Generation, der die besten Sätze schreibt, Wort für Wort, Rhythmus für Rhythmus."
Zu diesem Werk meinte der Kölner Stadtanzeiger: "Er scheut sich nicht, mit gelegnetlich sehr spitzem Sarkasmus Denkmäler zu schänden, die `heiligen Monstren´ der Zeitgeschichte ironisch zu demaskieren."

"Wir fuhren durch frühes Dämmern unter einem Himmel mit den ersten Sternen dahin. Die Straße zog sich hoch über dem Meer entlang, auf dem unten die Fischerboote, von Fackeln erhellt, wie glitzernde Wasserspinnen herumkrochen. Pelzige kleine Fledermäuse durchschwirrten die Dämmerung; buena sera, buena sera, riefen undeutliche Abendstimmen den Weg entlang, und Herden von Ziegen, die berauftrotteten, blökten wie verstopfte Flöten. Der Wagen rollte über einen Dorfplatz - es gab kein elektrisches Licht, und in den Cafés verräucherte das trügerische Licht von Kerzen und Petroleumlampen die Gesichter der dort versammelten Männer." Ischia, 1947

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Freitag, 3. Juli 2009
[Bücher] Patrick Redmont - Der Musterknabe


Ein Buch über die ganze Brutalität der Normalität des Lebens. Ein Buch über die zerstörerischen Dinge, wenn zwei in solcher Normalität aufgewachsene junge Menschen aufeinander treffen.

Ronnie: der ganze Stolz seiner Mutter, die ihn allein aufzieht, der Musterknabe, in der Schule ein Überflieger, im Leben der höfliche Junge, der es allen recht macht. Im Grunde seines Verstandes lauert aber auch die dunkle Seite, die glaubt, dass er nicht das bekommt, was ihm im Leben zusteht.

Susie: bis zum Tode ihres Vaters lebt sie ein harmonisches, wenn auch eher ärmliches Leben. Der neue Partner ihrer Mutter missbraucht sie über Jahre und es gelingt ihm, Susie davon zu überzeugen, dass sie ein schlechtes Kind ist, das ihn verführt. Susie schweigt, denn wer sollte ihr auch glauben, wenn selbst ihre psychisch kranke Mutter sich nicht einmischt?

So vergeht das ganz normale Leben bis zu dem Tag, als Susie und Ronnie aufeinander treffen, bis Susies Mutter stirbt, bis Suzie "zu alt" für ihren Peiniger ist, bis Suzie befürchten muss, dass dieser sich an dem ihr anvertrauten Nachbarsmädchen vergehen wird.

Ein Buch ohne Happy End, ohne wirkliche Hoffnungsperspektive, aber ich finde, alle normalen Menschen in dieser normalen Welt sollten es gelesen haben.

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Donnerstag, 11. Juni 2009
[Bücher] Hannu Raittila - Canal Grande


Was macht ein Finne, der einen Roman über Venedig schreibt? Natürlich, er lässt die Kanäle der Stadt zu Eis gefrieren und ist damit seiner gewohnten Umgebung bereits wieder ein Stück näher.

Tragisch nur, dass die fünf Finnen, die im Auftrag der UNESCO in die Lagunenstadt gekommen sind, diese durch Messung der Flussgeschwindigkeiten in den Kanälen vor dem Versinken retten sollen.

So entstehen leise komische und skurrile Situationen, wenn nördliche und südliche Temperamente aufeinander prallen oder auch die fünf nördlichen unter einander, wenn es unter anderem um die italienische Auffassung von Recht geht.

Ein Buch zum Schmunzeln, nicht zum lauten Lachen und meiner Meinung nach unbedingt lesenswert.

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